- Pädagogische Grundsätze der GGS Paffrath
Alles ist gut!
Nur nicht immer,
nur nicht überall,
nur nicht für alle!
Novalis (1772-1801)
Damit wollen wir zum Ausdruck bringen, dass die Schule sich absetzt von einer einheitlichen Unterrichtsgestaltung für alle hin zu einer individuell lernfördernden Struktur unter Berücksichtigung der anzustrebenden Kompetenzen laut Lehrplänen und derjenigen Kinder, die darüber hinaus Lernangebote und Lernmöglichkeiten bekommen müssen.
Worüber wir nachdenken und worauf wir reagieren müssen:
Wir sprechen heute vielfach von einer veränderten Kindheit. Die gesellschaftlichen Veränderungen mit der Tendenz zu Klein- und Patchwork-Familien und die rasante Entwicklung der Medien zeigen ihren Einfluss besonders bei den Kindern. Die Lebenswirklichkeit unserer Kinder ist vielfältiger und komplizierter, verwöhnender und fordernder zugleich geworden.
Die Zusammensetzung der Schüler hinsichtlich ihrer Herkunft hat ebenfalls Einfluss auf die schulische Arbeit. Die schlägt sich insbesondere in der Notwendigkeit zur permanenten Sprachförderung nieder.
Die an der GGS Paffrath arbeitenden Lehrerinnen und Lehrer haben die Aufgabe, in der Unterrichtsarbeit die individuellen Voraussetzungen zu berücksichtigen, die jedes einzelne Kind mit in die Schule bringt. Diese sind sehr unterschiedlich.
Auf diese unterschiedlichen Voraussetzungen innerhalb einer Klasse gehen die Lehrkräfte ein. Es werden einerseits Kinder eingeschult, die bereits in erstaunlichem Maße lesen und rechnen können, vieles gut versprachlichen können oder sogar bereits Fertigkeiten im Umgang mit Computern haben. Auf der anderen Seite haben Kinder noch kaum Vorerfahrungen, die für das schulische Lernen wichtig sind, sind in der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit wenig entwickelt, können nicht selber ihre Schuhe zubinden, haben Schwierigkeiten, mit anderen zusammen zu arbeiten oder sich in eine Gruppe einzugliedern und dabei die eigenen Bedürfnisse einmal zurückzustellen. Hinzu kommen Kinder, die die deutsche Sprache ihrem Alter entsprechend nicht hinreichend beherrschen, obwohl sie in Deutschland geboren sind. Die Förderung dieser Kinder basiert unter anderem auf einer Früherfassung der Voraussetzungen, die die Kinder für die Schule mitbringen im Rahmen eines sogenannten Schulspiels. Die von den Lehrkräften beobachteten Stärken und Schwächen werden dokumentiert und bei den Beratungen über die weitere Entwicklung eines Kindes berücksichtigt.
Jeder Unterricht ist erziehender Unterricht, das heißt, in jedem Unterricht soll das Kind Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten aufbauen und stabilisieren können, es soll in seiner Lernbereitschaft und Leistungsfähigkeit gestärkt werden und dies auf der Grundlage sozialer Verhaltensweisen. Jedes Kind soll entsprechend seiner Möglichkeiten handeln lernen. Bei den Kindern mit unzulänglichen Deutschkenntnissen entsteht aber gerade hier ein spezifisches Problem, da die Möglichkeiten des Verstehens und des Ausdrückens begrenzt sind, erfährt ein solche Kind fortwährend quasi automatisch, was es nicht kann. Dies ist nicht lernfördernd.
Grundsätzlich liegt der Schwerpunkt unserer pädagogischen Arbeit zum einen auf der Vermittlung tragfähiger Grundlagen in den Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen und weiterer Unterrichtsfächer, zum anderen in der Erziehung (Erziehender Unterricht).
„Die Aufgabe der Schule ist es, individuelles und gemeinsames Lernen zu initiieren und zu arrangieren.“ (RL 2008. S. 14. Kapitel 4.4 Förderung der Lernentwicklung)
Damit verbunden ist das Prinzip des Erziehenden Unterrichts, wie es in Kapitel 4.5 der RL dargelegt ist: „Die Arbeit in der Schule zielt im Sinne eines erziehenden Unterrichts darauf ab, die Kinder zu unterstützen, die Welt zunehmend eigenständig zu erschließen, tragfähige Wertvorstellungen im Sinne der demokratischen Grundordnung zu gewinnen und dadurch Urteils- und Handlungsfähigkeit zu entwickeln.“ RL 2008. S.14)
Das Konzept des Anfangsunterrichts wird gerade überarbeitet. Seit dem Schuljahr 2005/06 arbeitet die GGS Paffrath in der Eingangsstufe jahrgangsübergreifend. Ab dem Schuljahr 2017/18 werden wir auch in der Eingangsstufe wieder nach Jahrgängen getrennte Klassen haben.
Im Anfangsunterricht wird viel Zeit dem Miteinander gewidmet, wobei auch an die bereits im Kindergarten eingeübten Sozialformen (Stuhlkreis etc.) angeknüpft wird. Die Kinder sollen altersentsprechend Sinn und Notwendigkeit von Regeln erfahren und das Einhalten einüben. Gleichzeitig werden die Kinder von Anfang an zum Mitplanen und Mitgestalten des Schulalltags ermuntert. Kinder sollen neugierig bleiben oder gemacht werden gegenüber den Phänomenen ihrer Lebenswirklichkeit. Sie sollen ihre Fragen im Unterricht zur Sprache bringen und erfahren, dass es sehr verschiedene Wege gibt, sie beantwortet zu bekommen. Oft wird der Lehrer antworten, oft sind die Klassenkameraden gefragt. Sehr viel häufiger ist aber die Eigeninitiative zur Beantwortung anzuregen. Gerade dies fordert und fördert, wie Klippert darlegt:
„Hospitation in einer Grundschule: Die Schüler der vierten Klasse machen Freiarbeit/Wochenplanarbeit. Sie sitzen paarweise zusammen und bearbeiten die zur Auswahl stehenden Übungsblätter. Von eigenständigem und eigenverantwortlichem Arbeiten ist allerdings wenig zu sehen. Auftretende Probleme und Unsicherheiten werden routiniert und zielstrebig an die Lehrerin herangetragen und in aller Regel von dieser ausgeräumt. (…) Der Effekt ist, dass viele Schüler ihre eigenen Problem-lösungspotenziale erst gar nicht mobilisieren, geschweige denn mit dem jeweiligen Partner etwaige Schwierigkeiten abklären. (…) So gesehen, wird die offenkundige Unselbständigkeit der Schüler nur mehr belohnt und verstärkt.“
(Heinz Klippert: Einige Impressionen aus dem Schulalltag.
In: Haarmann, Kalb Hrsg.: Grundschule 2000, Weinheim und Basel 1999,
S. 126/127).
Dies weist darauf hin, dass Wochenplan und Freiarbeit allein noch keine Voraussetzungen für die Verwirklichung des erziehenden Unterrichts darstellen.
Klippert weist im gleichen Artikel auf einen anderen bedeutsamen Sachverhalt hin:
„Wirksames fachliches Lernen steht und fällt letztlich mit der Methodenbeherrschung, der Teamfähigkeit und der Gesprächskompetenz der Schüler. Es muss den Lehrstoff möglichst anschaulich strukturiert / visualisiert aufnehmen können, wenn sich die korrespondierenden Kenntnisse und Erkenntnisse nachhaltig einprägen sollen.“ (Klippert, a.a.O. S.128 ff.)
Auch Lehrerinnen und Lehrer haben durch ihre individuelle und berufliche Sozialisation verschiedene Vorstellungen von der Arbeit in der Schule. Wir sehen es als Aufgabe der Schulleitung an, diese Unterschiede zu einem fruchtbaren Austausch zusammenzuführen. Bei aller grundsätzlichen Orientierung am Bildungs- und Erziehungsauftrag liegt gerade in der Verschiedenheit der konkreten Arbeitsweisen und Temperamente ein unverzichtbares Moment der personalen Begegnung zwischen den Kindern und ihren Lehrerinnen und Lehrern.
In dieser Hinsicht eröffnet die Grundschule dem Kind neue Erfahrungsweisen und ist somit auch ein Tor zur Welt.
Die angesprochenen Veränderungen bei den Lernvoraussetzungen der Kinder erfordern im Unterricht veränderte Zielsetzungen und Methoden, um jedem Kind die Erfahrung zu ermöglichen, dass es etwas leisten kann. In den Richtlinien wird das so formuliert:
„Kinder dürfen weder über- noch unterfordert werden. Deshalb werden langsamer und schwerer lernenden Kindern zusätzliche Lernzeit und Lernhilfen angeboten sowie Aufgaben so gestellt, dass sie neben anspruchsvolleren auch einfachere Lösungen zulassen. Schneller und leichter lernende Kinder hingegen erhalten weitere – in Einzelfällen auch über die Lehrplanvorgaben hinausgehende- Lernangebote.“ (Richtlinien NRW, S. 14)
Die Lehrerinnen und Lehrer der GGS Paffrath verstehen die Kinder als aktive Lerner und versuchen ihnen mit Hilfe unterschiedlicher Differenzierungsformen gerecht zu werden.
- Zeitliche Differenzierung: Die Kinder erhalten für eine Aufgabe die Zeit, die sie zum Bearbeiten oder Lösen benötigen.
- Quantitative Differenzierung: Die Kinder erhalten ein geringeres oder größeres Angebot an Aufgaben.
- Qualitative Differenzierung: Die Anforderungen an die Kinder unterscheiden sich im Schwierigkeitsgrad.
- Beteiligung an der Differenzierung: Die Kinder entscheiden sich phasenweise für einen Schwierigkeits- oder Komplexitätsgrad, indem sie Aufgaben selbst auswählen oder diese selbst anfertigen und bearbeiten.
Zur Organisation dieser Differenzierungsformen innerhalb des Unterrichts stehen uns unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Über den Wochenplan oder bei der Arbeit an Stationen erhalten die Kinder speziell auf sie abgestimmte Aufgaben zu den im Unterricht besprochenen Themen. Auch die regelmäßige Arbeit mit einem Partner oder in der Gruppe stellt unseres Erachtens eine wichtige Form des Arbeitens dar, um das soziale Miteinander weiterzuentwickeln. So soll die Teamfähigkeit gefördert werden und es wird den Kindern die Möglichkeit gegeben, eine sachbezogene Auseinandersetzung zu trainieren. Kinder erhalten auch Arbeitsaufträge über einen längeren Zeitraum und lernen dabei, ein Thema „im Auge zu behalten“ und sich auf verschiedene Weise um Informationen zu bemühen.
Im Unterricht wechseln verschiedene Organisationsformen. Unverzichtbar sind Phasen der Unterweisung durch die Lehrerin/den Lehrer. Das sind Zeiten, in denen sich alle Schüler auf die Lehrerin bzw. den Lehrer hin orientieren und in einen „geistigen“ Dialog eintreten. Daneben stehen die oben dargestellten Phasen von Eigenaktivität in wechselnden Sozialformen. Beides ergänzt sich in notwendiger Weise, wenn man den Auftrag aus dem Erziehenden Unterricht umsetzen will:
„Kenntnisse und Fertigkeiten sollen den Kindern dabei helfen, ihre Lebenswirklichkeit zu erkunden, zu deuten und zu gestalten. Deshalb muss ihre Vermittlung auf Einsicht, Sinnstiftung und die Entwicklung von Handlungsbereitschaft und –fähigkeit angelegt sein; sie darf sich nicht auf mechanisches Einprägen und Einüben beschränken.“ (Richtlinien NRW, S. 12)
Da wir uns innerhalb des Kollegiums auf diese Unterrichtsformen verständigt haben, dürften auch im Falle von längerfristigem Vertretungsunterricht für die Kindern keine grundsätzlichen Schwierigkeiten mit den Arbeitsformen auftreten. In regelmäßigen Stufenkonferenzen verständigen sich die Lehrer und Lehrerinnen einer Stufe über das weitere inhaltliche Vorgehen und über Leistungserziehung, Leistungsüberprüfungen und Leistungsbewertung. Es ist einleuchtend, dass variable Lernformen auch variable Bewertungsformen erforderlich machen.